„Einheits„-Dampflok 99 222

BR 99.23-24  (c) Volker Dehnke
(c) Volker Dehnke

„Einheits“-Dampflok 99 222


Konstruktion

Allgemein:
Konstruktion angelehnt an BR 81 (Normalspur-Rangierlok) und BR 9973 (750 mm Schmalspur)
Kessel:
außer Rauchkammer wie bei BR 81; Langkessel aus zwei Schüssen; zwei Dome (vorn Speisedom, hinten Dom mit Naßdampfregler); Abdampfvorwärmer (zeitweilig Mischvorwärmer); Kolbenspeisepumpe und saugende Strahlpumpe; Ackermann-Sicherheitsventile
Rahmen:
Barrenrahmen 60 mm Stärke
Laufwerk:
1., 3. und 4. Kuppelachse fest im Rahmen; Treibradsatz (3.) mit geschwächten Spurkränzen; 2. und 5. Kuppelachse 20 mm seitenverschiebbar; Lenkgestelle als Bissel-Gestelle mit maximalem seitlichen Ausschlag von 130 mm (vorn) bzw. 150 mm (hinten)
Zylinder:
geschweißte Zylinder mit vereinfachten Trofimow-Kolbenschiebern (ursprünglich Grauguß-Zylinder mit Nicolai-Kolbenschiebern)
Triebwerk und Steuerung:
einschienig geführter Kreuzkopf; außenliegende Heusinger-Steuerung für Inneneinströmung mit Kuhnscher Schleife
Bremsausrüstung:
selbstätig wirkende Einkammer-Druckluftbremse der Bauart Knorr Wurfhebel-Handbremse; nur Kuppelräder einseitig von vorn gebremst; zweistufige Luftpumpe der Bauart Knorr; Anschlußstutzen zum Einbau einer Riggenbach-Gegendruckbremse vorhanden

 

Foto

„Einheitslok“ 99 222  - 8,8/65,8 KB
Lok 99 222 im Bahnhof Brocken
Foto: Klaus Gottschling
Vergrößern 65,8 KB

Daten
Betriebsnummern 1) 99 222 (1931)
99 7222 (1970)
Hersteller Berliner Maschinenbau AG
(vorm. L. Schwarzkopff)
Baujahr(e) 1931
Fabriknummer(n) 9921
Baureihe 2) 9922
Betriebsgattung 3) K 57.10
Kurzbezeichnung 4) 1' E1' h2t
Leermasse 50,2 t
Dienstmasse
(2/3 Vorräte)
62,2 t
Länge über Puffer
(LüP)
11636 mm
Höhe über SO 3650 mm
Treibraddurchmesser 1000 mm
Höchstgeschwindigkeit
(vorw./rückw.)
40/40 km/h
indizierte Leistung 515 kW (700 PS)
Zugkraft 102,9 kN
kleinster befahrbarer
Gleisbogen
50 m
Kesselüberdruck 14 bar
Kohlevorrat 3 t
Wasservorrat 8 m3
Bremse K m. Z.
weitere Informationen bei:
„Dampf mitten im Harz“ (Holger Voigt)

Lokomotiv-Lebenslauf

  
Bf Alexusbad
Lok 99 223 in Norwegen 1944
A228 - Foto unbekannt / Sammlung Grundmann
 
  
Bf Alexusbad
Lok 99 222 im Bahnhof Drei Annen Hohne, im Jahr des ersten Einsatzes im Harz - 1967
ED2097 - Foto Georg Otte / Sammlung Grundmann
 
In Anlehnung an die Regelspur-Rangierlok der BR 81 und an die 1929 entwickelten Schmalspurdampfloks der BR 9973 für 750 mm Spurweite ließ die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft (DRG) eine „Einheits“-Schmalspurdampflok für 1000-mm-Spur entwickeln, die durch Berücksichtigung der „Vorläufigen Bedingungen für den Bau von Schmalspurfahrzeugen (BfS)“ freizügig auf 1000-mm-Strecken der DRG einsetzbar sein sollte. 1930/31 wurden aber nur drei Loks der BR in der Berliner Maschinenbau AG (BMAG, vorm. Schwarzkopff) gebaut und mit den Betriebsnummern 99 221, 99 222 und 99 223 zur Strecke Eisfeld – Schönbrunn (Thüringen) geliefert.
Während die Loks 99 221 und 99 223 1944 nach Norwegen gebracht wurden, blieb die 99 222 auf ihrer Stammstrecke.

Die Baureihe 9922 diente als Vorlage für die Konstruktion der zwischen 1954 und 1956 für die DR gebauten „Neubau“-Dampfloks der BR 9923-24.
Die dem Bw Meiningen zugeordnete und zwischen Eisfeld und Schönbrunn eingesetzte Lok erhielt im Jahr 1964 vereinfachte Trofimow-Kolbenschieber.
Am 1. August 1966 stationierte die DR Lok 99 222 nach Wernigerode um, wo sie am 16.08.1966 nach Aufenthalt im RawDSF“ Görlitz ohne Umbau auf Saugluftbremse eintraf. Erst im April 1967 wurde die Maschine erstmals auf der Harzquerbahn eingesetzt. Zuvor mußte die im Harz übliche Hardy-Saugluftbremse bei nochmaligem Raw-Aufenthalt eingebaut werden.
Im 1970 von der Deutschen Reichsbahn (DR) eingeführten EDV-Nummernschema erhielt die „Einheits“-Dampflok die Betriebsnummer 99 7222 – 5 (Die Ziffern 5, 6 und 7 am Anfang der Ordnungsnummer weisen auf die Spurweite 1000 mm hin).
Im Anschluß an eine Hauptuntersuchung von November 1973 bis Januar 1974 kehrte die Lok statt mit ihrem Abdampfvorwärmer (Oberflächenvorwärmer) mit einem bei der BR 9923-24 üblichen Mischvorwärmer in den Harz zurück.
Da 1981 die Weisung zum Rückbau von Öl-Hauptfeuerung auf Rostfeuerung erging, blieb Lok 99 72222 vom Umbau zur Öl-Lok verschont. Vermutlich 1983 erfolgte der Austausch des Führer-Bremsventils gegen ein Dako-Bremsventil.
Januar 1987 kam die Maschine zur Einsatzstelle Gernrode und ist somit die erste „große“ Dampflok, die auf der Selketalbahn planmäßig eingesetzt wurde. Wegen Rissen an den Dampfzylindern wurde die Lok im November 1987 nach Wernigerode überführt. Dort diente sie noch gelegentlich als Heizlok für die Werkstatt Wernigerode Westerntor, bevor die z-Stellung erfolgte.
Bei der Hauptuntersuchung im Reichsbahn­ausbesserungswerk (Raw) Meiningen wurden die gerissenen Dampfzylinder aus Grauguß durch geschweißte Zylinder ersetzt. Die mittlerweile durch Umrüstung der Wagen auf Druckluftbremse überflüssige Hardy-Saugluftbremse wurde ausgebaut. Anschließend absolvierte 99 7222–5 im April 1991 in Wernigerode ihre Abnahmefahrt und gelangt wieder zum Einsatz auf der Harzquerbahn. Man sah sie zum Beispiel vor Bauzügen beim Wiederaufbau der Brockenstrecke. Am 1. Juli 1992 zur Aufnahme des Planbetriebes von/zum Brocken fuhr die Lok an der Spitze des ersten Reisezuges.

1993 wurde 99 7222 mit den anderen Fahrzeugen durch die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) übernommen.
Am 27. Juni 1994 war die Lok talwärts zwischen Drei Annen Hohne und Wernigerode unterwegs. Weil im Bahnhof Drängetal die Kreuzung mit dem Gegenzug nicht abgewartet wurde, kam es im Thumkuhlental zum Zusammenstoß der beiden Züge. Bei der Unfall-Reparatur in Meiningen mußte der Tender vollkommen neu gebaut werden. Den hinteren Kesselschuß ersetzte man durch einen neuen geschweißten Kesselschuß. Der Barrenrahmen der Lok hatte bewirkt, daß die Schäden an der Lok nicht so groß waren wie bei einer „Neubaulok“ mit geschweißten Blechrahmen zu erwarten.
Ab Anfang November 1998 befand sich 99 7222 erneut zur Hauptuntersuchung in Meiningen. Im Jubiläumsjahr 1999 („100 Jahre Harzquer- und Brockenbahn“) präsentierte sich die „Einheits“-Lok als betriebsfähiges Museumsfahrzeug äußerlich wieder mehr in der Ursprungsausführung. Statt des Mischvorwärmers besitzt sie wieder einen Abdampfvorwärmer. Die neue Rauchkammer ziert als Attrappe ein Handrad. Der Schneeräumer wurde durch einfache Bahnräumer ersetzt. Im Wintereinsatz baut die HSB-Werkstatt jedoch Schneeräumer an.

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