Dieselloks 1998 |
Dieselloks 1998 "Harz-Kamel" |
Konstruktion
Allgemein: aus normalspuriger Streckendiesellok umgebaute dieselhydraulische Schmalspurloks Lokkasten: zwei schmale Maschinenvorbauten im nichttragenden Leichtbau; Mittelführerhaus über gesamte Fahrzeugbreite" Rahmen: geschweißter Rahmen aus zwei kastenförmigen Längsträgern und mehreren Querträgern Laufwerk: zwei dreiachsige Drehgestelle; Mittelachse mit spurkranzlosen Radscheiben Antrieb: vom Dieselmotor wird Kraft an Strömungsgetriebe abgegeben; vom Strömungsgetriebe werden über Gelenkwelle die zur Lokmitte liegenden Radsätze beider Drehgestelle angetrieben; über Radsatzgetriebe wird Antriebskraft auf die anderen Radsätze übertragen Bremsausrüstung: Druckluftbremse; Klotzbremse beidseitig an allen Räder mit Außnahme der spurkranzlosen Räder in der Mitte der Drehgestelle Elektrik: 110-V-Bordnetz Weitere Ausstattung (nur noch bei 199 861 funktionstüchtig): vollautomatische Zugheizanlage mit Wasserrohr-Rauchrohrkessel (mit Diesel beheizter Dampfkessel)
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Foto
Daten
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weitere Informationen bei: "Dampf mitten im Harz" (Holger Voigt) Die V 100 der Deutschen Reichsbahn / Die Baureihe 199.8 - Das Harzkamel (Dieter Römhild) Lok Magazin / Baureihe 199.8 (Andreas Goschalla) |
Anfang der 1980er Jahre beabsichtigte die Deutsche Reichsbahn (DR), die Dampfloks im Harz durch Dieselloks zu ersetzen. Dafür gab es mehrere Beweggründe. Einerseits war klar, dass für die verschlissenen Dampfloks (Risse in Rahmen und Zylindern u. a. m.) in absehbarer Zeit Ersatz geschaffen werden mußte. Andererseits wollte man bis auf Lok 99 6001 und vier Loks der BR 9923-24 die Dampfloks für Devisen in das westliche Ausland verkaufen.
Neubau-Dieselloks aus nichtsozialistischen Ländern zu beschaffen, kam wegen der erforderlichen „harten“ Währung nicht in Betracht. Innerhalb der sozialistischen Staaten in Europa war nach Vorgabe des RGW Rumänien für die Produktion von Dieselloks mit hydraulischer Kraftübertragung zuständig. Mit den aus Rumänien gelieferten Loks der Baureihe 119 hatte die Reichsbahn jedoch sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Der einzige noch in der DDR existierende Lokhersteller VEB Lokomotivbau Elektrotechnische Werke „Hans Beimler“ Hennigsdorf (LEW) war mit der Produktion von Elektroloks ausgelastet. So blieb als Ausweg nur der Umbau von normalspurigen Dieselloks auf Schmalspur.
Von den ersten Überlegungen im Jahr 1982 bis zum Umbau der ersten Lok verging einige Zeit.
Für den Umbau wurden Streckendieselloks vom Typ V 1002 mit
Betriebsnummern ab 110 800 ausgwählt. Diese vierachsigen, dieselhydraulischen Loks waren die „jüngsten“ in der DDR gebauten Dieselloks (1976 – 1978). Durch zunehmende Streckenelektrifizierung wurden immer mehr Dieselloks freigesetzt.
Die BR 110 besaß bereits einen Dampfkessel für die Zugheizung. Am Lokkasten waren nur wenig Änderungen nötig. Rechnerisch war die Kipp- und Entgleisungssicherheit nachgewiesen.
Mit dem Umbau beauftragt wurde das Reichsbahnausbesserungswerk (Raw) „Fritz Heckert“Stendal. Zum Umfang der Arbeiten gehörte der Einbau eines stärkeren Motors mit 883 kW (1200 PS) Leistung, wie er für die BR 112 verwendet wurde. Damit die Achsfahrmasse von maximal 10 t eingehalten werden konnte, mussten die schmalspurigen Drehgestelle mit drei Achsen versehen werden. Weil letztendlich bei 64 t Dienstmasse die Achsfahrmasse 10,7 t beträgt, wurde in Veröffentlichungen die Dienstmasse nicht oder mit 60 t falsch angegeben. Man hätte sonst das 1986 verfügte Einsatzverbot der beiden Dampfloks der BR 99610 wegen deren Achsfahrmassen von 10,7 t bei vollen Vorräten aufheben müssen. Durch die Schmalspurdrehgestelle waren auch Anpassungen am Antrieb (Gelenkwellen, Achsgetriebe) der Dieselloks notwendig. Die auf diese Weise entstandenen Schmalspurdieselloks erhielten gemäß Nummernschema der DR mit „199“ beginnende Betriebsnummern. Die dreistellige mit „8“ beginnende Ordnungsnummer der normalspurigen Variante wurde übernommen. Deshalb lautet die Baureihenbezeichnung (einschließlich Unterbaureihe) dieser Schmalspurdieselloks „1998“.
In Vorbereitung des Einsatzes der Dieselloks mussten infrastrukturseitig einige Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehörte das Herstellen der Profilfreiheit. Auf den Strecken mit Rollwagenverkehr betraf das hauptsächlich Bäume, Bahnsteigkanten und Brückengeländer, so dass die Arbeiten Ende 1987 erledigt waren. zwischen Gernrode und Silberhütte sowie zwischen Alexisbad und Harzgerode dauerten die Arbeiten bis Herbst 1988, da einige Felsen abgetragen werden mussten. Es gibt im Netz der HSSB jedoch Gleise (z. B. an Laderampen), die nicht von Loks der BR 1998 befahren werden dürfen.
Am 21.11.1988 traf auf normalspurigen Austauschdrehgestellen in Wernigerode als erstes die aus 110 863 entstandene Lok 199 863 ein. Nachdem die Lok auf die Schmalspurdrehgestelle gesetzt war, in Wernigerode Einweisungsfahrten erfolgte, fand am 05.12.1988 die erste Probefahrt mit einem Zug zwischen Wernigerode und Drei Annen Hohne statt. Die Probefahrt als Leerfahrt am 10.12.1988 führte nach Stiege, wo auch die Wendeschleife befahren wurde. Am 30. Dezember 1988 traf 199 871 als zweite Lok der BR 1998 in Wernigerode ein.
Bei einer Probefahrt am 11.01.1989 nach Gernrode und Harzgerode befuhr erstmals eine 1998 die Strecken der Selketalbahn, die bis 1988 aufgrund des Lichtraumprofils nicht für Rollwagenverkehr geeignet waren..
Die Deutsche Reichsbahn plante, bis Januar 1992 insgesamt 30 Loks umzubauen. Der Serienumbau begann Ende 1989. Bis Ende 1990 wurden weitere acht Loks der BR 110 zu Schmalspurloks umgebaut. Durch die politische Wende im Herbst 1989 und die Deutsche Wiedervereinigung brach der Güterverkehr auf den Harzer Schmalspurbahnen zusammen. Deshalb blieb es mit der am 21.12.1990 ausgelieferten Lok 199 892 bei den zehn umgebauten Loks (861, 863, 870, 871, 872, 874, 877, 879, 891, 892).
Im Betriebseinsatz bewährten sich die Maschinen gut. Zog eine Diesellok einen Personenzug, so ergab das einen sehr gewöhnungsbedürftigen Anblick, weil die Höhendifferenz zwischen ehemals normalspuriger Lok und Schmalspurwagen sehr groß ist. Eine 1998 vor einem Güterzug mit Normalspurwagen auf Rollwagen sieht wesentlich besser aus.
Weil die hohen Loks mit ihrem Mittelführerstand sichtlich auf den Gleisen schwanken, verpaßte man ihnen die Spitznamen „Harz-Kamel“ bzw. „Rotes Kamel“1.
Die erste große Diesellok der Einsatzstelle Gernrode wurde am 11.04.1991 die 199 891.
Ab 1991 kamen die „Harz-Kamele“ mit Bauzügen auch auf der Brockenbahn zum Einsatz.
Alle zehn Loks der Baureihe 1998 wurden am 01.02.1993 von der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB)
übernommen.
Am 21.08.1994 ereignete sich ein Unfall mit Beteiligung einer Diesellok. Die Lok 199 8922 mit ihrem Reisezug stieß bei der Bergfahrt im Thumkuhlental mit Dampflok 99 7222 zusammen, weil der talwärtige Personenzug nicht im Betriebsbahnhof Drängetal die Zugkreuzung abgewartet hatte.
Da die Dieselloks bei Eisenbahnfreunden und Touristen wenig beliebt sind, setzte die HSB diese Maschinen nur noch bei Fahrzeugmangel durch Ausfälle im Reiseverkehr ein. Einige bereits abgestellte Dampfloks erhielten eine Hauptuntersuchung. Nicht mehr alle Dieselloks werden benötigt. Deshalb hat die HSB ab September 1998 die 199 863, 199 870, 199 879 und 199 891 an die Firma ADtranz verkauft.
Während die Lok 199 871 der HSB nur eine normale HU erhielt, wurden die Loks 199 861, 199 872 und 199 874 bei ADtranzin Kassel 1997/1998 modernisiert (Aufarbeitung der Motoren, Einbau einer neuen Fahr-/Bremssteuerung, Einbau einer Funkfernsteuerung). Da aber die 199 861 keine zusätzlichen Zug-/Stoßvorrichtungen für Normalspurfahrzeuge erhielt, können nur die 199 872 und die 199 874 für die Verkehre mit den neuen Rollböcken.des Systems „Vevey“ eingesetzt werden. Diese beiden Maschinen besitzen drei Kupplungen. Eine Kupplung dient der Aufnahme der Kuppelstange für Rollwagenzüge, eine Kupplung zum Kuppeln mit Schmalspur-Personenwagen und eine Kupplung für das Anhängen von Normalspur-Güterwagen auf Rollböcken.
Zum Einsatzgebiet der drei betriebsfähigen Lok (Stand 2018: 861, 872, 874) der BR 1998 gehören der Verkehr mit Schotterzügen zwischen Nordhausen Nord und dem Steinbruch Unterberg, der Arbeitszugdienst, der Hilfszugeinsatz, der Reservedienst für ausgefallene Dampfloks/Triebwagen sowie im Winter der Schneeräumdienst. Lok 199 861 dient hauptsächlich zum Rangieren und Vorheizen der Züge, da nur sie noch einen funktionstüchtigen Heizkessel hat.
Seit 2021 funktioniert der Heizkessel von Lok 199 872 wieder.
Lok 199 892 erhält im Alstom-Werk Stendal eine Hauptuntersuchung.
Verbleib:
199 863
Umbau bei ADtranz analog BR 293
als Lok „V 145“ als Eigentum und Untervermietung bei diversen deutschen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)
07.06.2011 an Widmer Rail Services AG (WRS), Glarus (Schweiz) als „Am 847 905-7“
199 870
2003 von ADtranz an ALSTOM Lokomotiven Service GmbH (ALS) Stendal
Umbau zur 204 010-6;
21.07.2003 an Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn mbH (PRESS) Jöhstadt
199 879
bei ADtranz Kassel Ersatzteilspender für Umbauprojekt BR 293
199 891
Umbau bei ADtranz analog BR 293
26.05.1999 an Augsburger Localbahn Gesellschaft mbH (AL) Augsburg als Lok „43“
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